Tag 15: Schmerzhafte Einschnitte

Er besitzt zwei Häuser, zwei Autos, seine Tage verbringt er mit Rasenmähen zwischen den Kirschbäumen seines Gartens – aber die Flüchtlinge bekommen so viel, dass den Deutschen nichts bleibt. Als der Vermieter unserer Ferienwohnung rauskriegt, dass wir Journalisten sind, will er ein Bier mit uns trinken. Und während wir auf der Terrasse sitzen und die Sonne hinter dem nahen Waldstück untergeht, zerbröselt unsere These, dass Rassismus immer etwas mit Armut und Perspektivlosigkeit zu tun hat. (646 Wörter) Weiterlesen

Tag 14: Niemand fiel ins Bergfreie

Die Wende traf Hoyerswerda hart, zehntausende Menschen verloren ihre Jobs, fast jede Familie war betroffen, viele mussten in den Westen gehen. Diese Geschichten zu hören, hatten wir erwartet. Dass es aber ganz gut abgefedert wurde, letztlich halb so schlimm war, diese Einschätzung überraschte uns. Wir hatten tiefere seelische Verletzungen erwartet. Erwartet hatten wir auch, dass es Nazis gibt. Was uns überraschte, war der schulterzuckende Umgang damit. (960 Wörter) Weiterlesen

Hoy for Life

Tag 13: Frische Blumen nur auf dem Friedhof

„Willkommen in Hoyerswerda“, schrieb der SPIEGEL 1991, „willkommen in einem bösartigen, häßlichen, dumpfen Alltag, der bösartige, häßliche, dumpfe Menschen stanzt.“ Wende, Pogrom, Depression, Hoyerswerda – der Name dieser kleinen Stadt in der Lausitz klingt bis heute wie eine der Brandflaschen, die Nazis auf die Flüchtlingsunterkunft schleuderten ­– erst zerbricht das Glas, dann lodern die Flammen, dann bleibt nichts als Kohlereste. Hier würden wir das Wende-Trauma finden, dachten Thomas und ich, die große sächsische Verunsicherung, die Ursprünge des rechten Straßenmobs. Wir haben uns geirrt. (1052 Wörter) Weiterlesen